Referent: Dr. Florin Gogaltan, Rumänische Akademie der Wissenschaften, Cluj
Montag, 25. November 2002
Bei der Behandlung der Frage der prähistorischen Tellsiedlungen in Südosteuropa erhob sich als erste Schwierigkeit die Definition des Themas. Was ist eigentlich ein Tell? Gibt es tatsächlich „Tells“ in Südosteuropa? Können sie mit den „klassischen“ Beispielen im Orient verglichen werden? Was ist die passende Definition für diese Denkmäler? All dies sind Fragen, auf die ich in meinem Vortrag zu antworten versuchen werde. Für ein besseres Verständnis des Phänomens erachte ich es als erforderlich, einen kurzen Blick auf die Tells im Vorderen Orient zu werfen. Letztere werde ich mit jenen in Südosteuropa vergleichen, um danach zu betrachten, wann und weshalb der Begriff „Tell“ für einige vorgeschichtliche Fundstellen im Südosten Europas übernommen wurde. Die Tellsiedlungen waren nicht die Schöpfung einer einzigen Kultur, sondern das Ergebnis des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungsniveaus einer Gemeinschaft (Kultur) und das Ergebnis der Umweltbedingungen. Die Verbreitungskarten, die präsentiert werden, und die Analyse der wichtigsten Tellsiedlungen in Südosteuropa können diese These überprüfen. Das Auftauchen der Tellsiedlungen in Südosteuropa ist streng verbunden mit dem Prozeß der Neolithisierung (Argissa Magula, Sesklo, Souphli Magula). Beginnend mit dem 6. Jahrtausend v. Chr. erreicht der Prozeß der Neolithisierung, und dementsprechend der Entstehung der Tellsiedlungen, die in Bulgarien (z.B. Karanovo, Azmaška Mogila, Cavdar, Kazanlyk, Gãlãbnik usw.), Pelagonien und Mazedonien (Porodin, Vršnik usw.), weiterhin im Moravatal (z.B. Drenovac) und Bosnien (Obre I) bis Siebenbürgen (Ocna Sibiului) verfolgt werden können. Im mittleren Neolithikum wurde der Tell auch im nördlichen Balkan zu einer bedeutenden Siedlungsform (Vinca-Kultur). Mit dem Spätneolithikum bildet die Linie Drava-Donau im westlichen Balkan die nördliche Verbreitungsgrenze der Tellsiedlungsform. In dieser Zeit ist der nördlichste Tell in Europa Polgár-Csoszhalom im nördlichen Teil der Ungarischen Tiefebene. Danach wurden die Tellsiedlungen durch die dramatischen Klimaveränderungen des 4. Jahrtausend v.Chr. nachhaltig beeinträchtigt. Die Tellsiedlungen erscheinen weiterhin oder überleben in den Kulturen Cernavoda, Rachmani oder Maliq II. In der nördlichen Balkanhalbinsel entstehen Tells erst wieder in der Ezero-Kultur (Ezero, Djadovo, Nova Zagora), dabei erreicht das Phänomen die Donau-Linie, wie vereinzelte Siedlungen in Serbien und Rumänien dies bestätigen (z.B. Vucedol). Am Ende meines Vortrages analysiere ich die theoretischen und praktischen Faktoren, die zur Errichtung der Tellsiedlungen beitragen, und den Charakter dieser Siedlungsform.