Referent: Dr. Hermann Genz, Landesamt für Archäologie Sachsen-Anhalt
Montag, den 19. März 2003
Bis vor wenigen Jahren war die frühe Eisenzeit West- und Zentralanatoliens archäologisch weitestgehend unbekannt; der oft verwendete Begriff „Dunkles Zeitalter“ für diese Periode schien somit gerechtfertigt zu sein. Neuere Entdeckungen in der hethitischen Hauptstadt Bogazköy und an anderen Fundorten wie Gordion, Kaman-Kalehöyük und Troia werfen jedoch neues Licht auf diese Epoche. Diese neuen Erkenntnisse betreffen einerseits das Ende des hethitischen Reiches: ein allmählicher Niedergang des Reiches, hervorgerufen vor allem durch innere Ursachen gilt nun als wesentlich wahrscheinlicher als die früher geäußerte Vermutung, das Hethiterreich sei durch Invasionen der Seevölker oder balkanischer Völkerschaften zugrunde gegangen. Erstmals für Bogazköy und andere Fundorte konnten in den letzten Jahren Hinweise auf eine Besiedlung für die Zeit unmittelbar nach dem Zusammenbruch des Hethitischen Reiches gefunden werden. Diese Funde und Befunde belegen nicht nur eine Siedlungskontinuität an zahlreichen Orten durch das so genannte „Dunkle Zeitalter“ hindurch, sondern erlauben darüber hinaus neue Erkenntnisse über die Entstehung der ab dem 8. Jahrhundert v. Chr. in der Überlieferung auftauchenden eisenzeitlichen Staatenwelt West- und Zentralanatoliens. Balkanische Einflüsse lassen sich in der frühen Eisenzeit Anatoliens nur in sehr begrenztem Rahmen fassen (z. B. in Troia). Zumindest für Teile Zentralanatoliens sind dagegen lokale Entwicklungen eisenzeitlicher Kulturen anzunehmen, deren Wurzeln sich letztlich in vorhethitische Zeit zurückverfolgen lassen.